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Interview mit Jochen Loock zum digitalen Lager „On-Demand Production“

21.12.2023

Störungen in der Lieferkette haben sich in den vergangenen Jahren als bedeutender Risikofaktor für zahlreiche Unternehmen herausgestellt. In diesem Kontext präsentiert DB Schenker eine innovative Lösung für Ersatzteile, die auf dem 3D-Druck basiert, um den aktuellen Herausforderungen in der Ersatzteilversorgungskette zu begegnen: Digital Warehousing.

Doch was genau verbirgt sich hinter der "digitalen Lagerhaltung"? Wie funktioniert dieses Konzept und wie kann ein Logistikunternehmen den 3D-Druck effektiv einsetzen?

Im Rahmen dieses Interviews erläutert Jochen Loock, Business Development Manager bei DB Schenker, ihren digitalen Lagerservice „On-Demand Production“. Mit über sieben Jahren Erfahrung im Bereich 3D-Druck beim Fraunhofer-Institut und einem ausgeprägten unternehmerischen Denkansatz gewährt er interessante Einblicke in den Ansatz der digitalen Lagerhaltung und gibt Ausblicke darauf, was uns in der Zukunft erwartet.

railauction.plus: Jochen, der Begriff "Digital Warehouse" scheint ein weiteres Schlagwort zu sein. Könntest du erläutern, worum es dabei genau geht?

Jochen Loock: Für uns ist das digitale Lager ein Konzept, das darauf basiert, Teile in einem digitalen Format statt in einem physischen Lager zu lagern. Im Bedarfsfall können diese Teile nicht physisch, sondern digital an eine dezentrale Produktionsanlage übermittelt werden, wo sie anschließend produziert werden. Der 3D-Druck erweist sich aufgrund seiner digitalen Beschaffenheit als ideale Technologie für dieses Vorhaben. Er ermöglicht die präzise Produktion exakt in der benötigten Menge, wann immer diese gebraucht wird.


railauction.plus: Weshalb hat sich DB Schenker dazu entschieden, jetzt ein digitales Lager anzubieten?

Jochen Loock: Aus unseren bestehenden Ersatzteilmanagement-Lösungen wissen wir, dass die Kunden große Probleme mit der Lieferverfügbarkeit haben und die Lieferzeiten für Ersatzteile sprunghaft angestiegen sind. Dies stellt für viele unserer Kunden eine ernsthafte Herausforderung dar, da der Stillstand von Maschinen, Zügen oder Fahrzeugen aufgrund fehlender Ersatzteile zu erheblichen Kosten führt. Der Markt erfordert von uns, innovative Alternativen anzubieten. Vor einem Jahr haben wir begonnen, unser Produkt anzubieten, und wir haben bereits laufende Projekte mit acht verschiedenen Unternehmen in den Bereichen Automobil, Bahn und Industrie. Ein aktuelles Beispiel für eine Partnerschaft ist die Deutsche Bahn, die bereits über sieben Jahre Erfahrung im 3D-Druck von mehr als 80.000 Ersatzteilen hat. Gemeinsam gehen wir den nächsten Schritt, um 10 % ihres Lagerbestands zu digitalisieren.
 
railauction.plus: Was steckt hinter Ihrem neuen digitalen Lagerservice On-Demand Production?

Jochen Loock: Oberflächlich betrachtet ist es eine Plattform, die Daten speichert und bei Bedarf zugänglich macht, anstatt physische Teile zu speichern. Im Hintergrund agiert es wie ein unabhängiger Vermittler, der dem Kunden Teile aus einem Netzwerk der 3D-Druck-Produktion anbietet. So wie Uber keine Autos besitzt, besitzen wir auch keine Maschinen. Stattdessen arbeiten wir mit weltweit spezialisierten Subunternehmern zusammen, die die Ersatzteile auf Anfrage bauen. Wir koordinieren die Lieferanten und sorgen so für einen reibungslosen Prozess, damit der Kunde die Teile rechtzeitig und am richtigen Ort in der erforderlichen Qualität erhält. Letztendlich helfen wir dem Kunden, ein komplexes, globales 3D-Druck-Ökosystem in seine bestehenden Beschaffungsprozesse zu integrieren.


railauction.plus: Welche aktuellen Herausforderungen stehen einem Kunden im Weg, um das Konzept der digitalen Lagerhaltung zu nutzen?

Jochen Loock: Viele Kunden stehen vor der Herausforderung, den Einstieg in den 3D-Druck zu finden und wissen nicht genau, welche Teile sich für diese Technologie eignen. Aus diesem Grund bieten wir Unterstützung bei der Identifizierung potenziell geeigneter Teile durch unseren Beratungsservice "Teilescreening" an. Neben dieser Hilfe bei der Auswahl von 3D-druckbaren Komponenten decken wir weitere Kundenanliegen ab, darunter Engineering-Themen wie die Digitalisierung von Teilen für einen 30 Jahre alten Zug oder die Erzielung der gleichen Qualität wie beim Originalteil. Unsere Erfahrung ermöglicht es uns, unsere Kunden strukturiert, effizient und zeitnah zu unterstützen.


railauction.plus: Wie sieht die Zukunft der digitalen Lagerhaltung aus?

Jochen Loock: Aktuell findet die digitale Lagerhaltung ihre Anwendung vor allem in der lukrativen Nische für Ersatzteile. Ähnlich wie Amazon, das seinen Ursprung in der Bücherlieferung hatte und sein Angebot im Laufe der Zeit erweiterte, planen wir, unser Konzept auf ähnliche Weise auszubauen. Zukünftig könnten auch für nicht 3D-druckbare Teile andere Technologien für On-Demand-Produktionsdienstleistungen zum Einsatz kommen. Dieses Konzept könnte darüber hinaus auch auf dringend benötigte Serienteile ausgedehnt werden.